Max Renggli

Max Renggli
Max Renggli ist CEO der Renggli AG und führt das Familienunternehmen in vierter Generation. Die Renggli AG ist Spezialistin im nachhaltigen Bauen mit Holz. Sie ist Generalunternehmerin sowie Holzbaupartnerin für Architekten. Max Renggli gilt als Pionier im Holzbau und hat mit seiner Firma zahlreiche Innovationen auf den Markt gebracht.

Modulares Bauen: In der Grösse liegt die Kraft

Publiziert am 02.06.2015 von Max Renggli, CEO Renggli AG

Meinung Ich bin ein bekennender Fan des Modulbaus. Mich fasziniert es, den Holzsystembau weiterzudenken und die Vorfertigung zu perfektionieren. Doch nicht immer und überall eignet sich modulares Bauen. Wie kann das grosse Potential des Modulbaus ausgeschöpft werden? 

Bevor wir über das Potential von modularen Bauten in der Schweiz sprechen, müssen wir uns über die Unterschiede zwischen Modulbau und Systembau bewusst werden. Es werden zwar beide Systeme in der geschützten Werkhalle vorgefertigt, dennoch gibt es grosse Unterschiede in der Art und Weise der Vorfertigung: Der Systembau zum Beispiel besteht aus flächigen Elementen, die bei der Montage vor Ort auf der Baustelle zusammengesetzt werden. Beim Modulbau wird hingegen bereits ein räumliches, dreidimensionales Gebilde im Werk vorgefertigt. Der Vorfertigungsgrad ist hier viel höher: Im Werk werden unter optimalen Bedingungen ganze Badezimmer, Küchen, Heizungen und Bodenbeläge eingebaut.

Der Modulbau eignet sich vor allem, wenn folgende Rahmenbedingungen erfüllt werden:

  • Serienproduktion
    Es muss eine Serienproduktion möglich sein, um einen Skaleneffekt erreichen zu können. Denn die Entwicklungskosten für ein modulares Bausystem sind derart hoch, dass eine zu kleine Anzahl von Bauten diese nicht decken kann.
  • Temporärer Einsatz
    Die Bauherrschaft muss das Bedürfnis haben, das Gebäude an einem anderen Ort wieder aufbauen zu wollen. Das ist eine Stärke von Modulbauten. Bei temporären Einsätzen sehe ich deshalb gute Einsatzmöglichkeiten, so zum Beispiel für Büroräume oder Schulzimmer.
  • Eingeschränkte Individualität
    Bauen wird in der Schweiz oft als Selbstverwirklichung angesehen. Ein individuelles Eigenheim ist der Traum vieler. Doch modulares Bauen lässt weniger Selbstverwirklichung zu – individuelles Bauen ist nur im eingeschränkten Masse möglich. So sind die Gebäudeform und teilweise auch die Raumeinteilung vorgegeben.

Natürlich sind kleine modulare Einheiten möglich. Dass diese umgesetzt werden können, hat auch die Renggli AG mit einigen Projekten bereits bewiesen. 

Die grosse Zukunft sehe ich jedoch in grossen Einheiten und beim mehrgeschossigen Modulbau. Wenn serienmässig viele modulare Einheiten vorgefertigt werden können, kann der Modulbau sein ganzes Potential ausspielen. 

Es ist beim Modulbau wie bei anderen Bauweisen: Unter bestimmten Rahmenbedingungen ist er sehr effektiv und effizient. Solange wir jedoch nur Individualisten ausbilden, die jedes Objekt neu definieren, wird die Entwicklung der Modulbauweise auch in Zukunft einen schweren Stand haben. Der Modulbau benötigt meiner Ansicht nach Architekten, die wie Industriearchitekten entwerfen: weg vom Einzelobjekt, hin zu einem serienmässig reproduzierbaren Industrieprodukt.

Link: swissbau.ch

Das Beispiel aus Genf zeigt, wie man die Energieschleudern aus den 50er und 60er-Jahren in komfortable Minergie-P Häuser umwandeln kann.

Die Umwandlung der heissgeliebten Balkone  in Loggias, die sich komplett öffnen lassen, findet die Zustimmung der Bewohner und verbessert den Isolationswert im Winter und bietet im Sommer die Vorteile eines offenen Balkons. Br 2015.10.15

Meinung Als wir mit der Planung des Renovationsprojektes «La Cigale» in Genf starteten, gab es in der Schweiz noch nichts Vergleichbares. Es handelte sich um eine Premiere: 273 alte Wohnungen in zwei Gebäudekomplexen sollten energetisch saniert werden, damit sie dem Minergie-P-Standard entsprechen. Wie ist das gelungen? 

Es war nicht nur die Gebäudehülle der Überbauung, die renovierungsbedürftig war. Auch Wärmeerzeugung und Wärmeverteilung mussten neu geregelt werden. Die Genossenschaft «La Cigale» und deren Immobilienverwaltung Brolliet SA setzten dazu ehrgeizige Ziele:

1. Die Nutzung und Abhängigkeit der fossilen Energiequellen verringern.
2. Die Energieeffizienz steigern.
3. Die Nachhaltigkeit gewährleisten. 

Am Ende sollte die Überbauung den Minergie-P-Standard erreichen. Dieses ambitiöse Ziel stellte auch den Holzbau vor grosse Herausforderungen. 

Die Wärmebrücken der Balkone haben wir als eines der grössten Probleme eruiert. Doch die Balkone waren wichtig für die Bewohner. Sie mussten bestehen bleiben, um die Zustimmung der Genossenschaftsmitglieder für die Renovation zu erhalten. Die Architekten des Büros François BAUD & Thomas FRÜH hatten die zündende Idee: Die Balkone sollten geschlossen werden, um daraus komfortable, unbeheizte Loggias zu machen. Dadurch erhielten wir eine Pufferzone innerhalb der isolierten Gebäudehülle. Mit unserem energetischen Wissen und unserer Erfahrung konnten wir schliesslich die Gebäudehülle so weit optimieren, dass wir die Baukosten senken konnten. 

Die Statik war bei uns ebenfalls ein viel diskutiertes Thema: Wir mussten die grossen Wandelemente am bestehenden Massivbau befestigen. Dafür haben wir eine Lösung entwickelt, mit der wir die Anschlusskräfte kontrollieren konnten, ohne Wärmebrücken zu erhalten. Die bestehende Dachkonstruktion mussten wir ebenfalls verstärken. Sonst hätte sie den neuen, grossflächigen Dachelementen mit Photovoltaikanlage nicht standgehalten. Auch hier haben wir eine Lösung gefunden, um die Dachflächen möglichst schnell wieder decken zu können und nicht lange den Wetterbedingungen auszusetzen. 

Die ambitiösen Energieziele der Sanierung konnten vollständig erreicht werden. Das heisst konkret: Die Genossenschaft hat den CO2-Ausstoss der Bauten von «La Cigale» um 91 Prozent reduziert! Das ist ein wichtiges Zeichen an die Schweizer Bauwirtschaft. Denn solche Massivbauten, die in den 40er- oder 50er-Jahren gebaut worden sind, sind heutzutage riesige Energieschleudern. Und davon gibt es unzählige in der Schweiz. Dieses Projekt zeigt, dass es möglich ist, viele Wohneinheiten auf einmal zu renovieren und dabei den Energiebedarf drastisch zu senken. 

Für das Gelingen des Projektes «La Cigale» waren zwei Punkte von entscheidender Bedeutung: 1. Eine frühzeitige Analyse der bestehenden Bausubstanz und das Involvieren eines Holzbauers kann viel vereinfachen und verbessern. 2. Die Wahl der passenden Partner ist anspruchsvoll, aber enorm wichtig. Bei diesem Projekt haben alle Partner motiviert und professionell «am selben Strick gezogen». So konnten wir die Renovation erfolgreich durchführen, auch wenn das zu Beginn fast unmöglich schien.

Link: swissbau.ch